Schurwald Marathon Lichtenwald – 9.4.2017

Visitenkarte_2017

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EINMAL  TIEF  LUFTHOLEN  BITTE

Lichtenwald macht einen Marathon – ich kann’s nicht glauben.  2011 und 2013 war ich hier auf dem HM und habe den als wunderschön, aber auch als verdammt schwer in Erinnerung. Dass sich ein so relativ kleiner Lauf jetzt einen Marathon auf die Schultern packt, ist schon beachtlich. Auch wenn es vermutlich bedeutet, dass die HM-Runde doppelt gelaufen wird – was – ähm – so ungefähr ein mittlerer Alptraum ist – also mal so rein metal gesehen – zweifle ich nicht eine Sekunde daran, dass ich dort starten werde. Auch, dass ich am Tag vorher schon bei Connys legendärem 50er zum 50sten angemeldet bin, interessiert mich zu dem Zeitpunkt noch nicht wirklich, beide Läufe sind ein absolutes Muss, und Axel, Andy, KP, Keule, Sarah und Joachim kneifen schließlich auch nicht.

Theorie und Praxis … das Triple Kandel-Ballon-Freiburg beschert mir dann allerdings doch die unschöne Erkenntnis, dass ich beide Läufe eben NICHT schaffe, also melde ich mich schweren Herzens bei Conny ab, da ihr Lauf der schwierigere und längere ist, und ich tatsächlich gerade mit einem flachen Marathon mehr als ausgelastet bin, auch im Kopp. Zwar bin ich dann am raceday schon betrübt, was ich am Vortag so alles Schönes verpasst hab, aber dafür stehe ich einigermaßen ausgeruht am Start und nehme mir vor, diesen Lauf einfach nur zu genießen. Vornehmen kannst Du Dir ja viel, wie es dann tatsächlich wird, das werden wir sehen. Mein Greppi ist auch da, aber wir sind uns relativ schnell einig, dass wir heut mal nicht zusammen laufen. Ich will versuchen, die erste Hälfte zügig zu laufen, und wenn ich dann einbreche oder es mir zu einsam wird, kann ich mich immer noch hinsetzen und auf ihn warten.

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Die Parkplatzsituation ist professionell geregelt, und in der Halle flitzt schon der Kalle (jaja, ich weiß, aber manche Lyrik drängt sich eben einfach auf…). Ein Phänomen im übrigen, dass wir Kalle erst im Vorfeld des Laufs kennengelernt haben, inzwischen treffen wir uns ständig überall. So ist das halt, wenn man jemanden dann mal kennt. Dieter läuft den Halben.

Das Wetter ist Bombe, trotzdem stehen am Start noch einige mit Ganzkörperverhüllung und sogar mit Jacken – die Kandidaten mit der Marathonstartnummer sind durchgehend nackerter. Los geht’s und ich bin natürlich zu schnell, denn erstmal geht es sowieso viel bergab. Im Marathon sind ca 120 Starter, im Halben so um die 300 – das entzerrt sich schnell, und es wird auch sehr anständig gelaufen. Partymarathons sind ja auch ganz nett, aber zum Laufen ist das hier besser. Der Andy roifelt munter vorneweg und mein Ehrgeiz verbietet mir, ihn jetzt schon ziehen zu lassen. Den behalte ich mal im Auge, das kann nicht sein, dass der von gestern nicht wenigstens ein bisschen müde ist. Wir überholen uns ein paarmal – bei km 13 ist er kurz vor mir, Axel kurz hinter mir, Greppi außer Sichtweite.

Die Steigungen sind weniger schlimm als befürchtet, zwar erlaube ich mir die eine oder andere schnelle Gehpause, aber Schnappatmung ist nicht obligat, denn das hier ist ja kein Sprint und ich darf guten Gewissens schwächeln. Alles läuft prima, viele Streckenposten sind im Einsatz – ihre Standplätze sind mit Tafeln markiert, und jeder Kilometer und jede VP sind extra ausgeschildert. Wie bei den Großen. Hinter km 14 feuert mich Jörg an, den kenne ich aus Kandel. Die nächsten Kilometer nehme ich locker, es geht ja um nix, und es läuft besser als erwartet. Nette Komplimente und Aufmunterungen aus der HM-Bevölkerung häufen sich, und jeder Streckenposten feuert uns an. Ich beginne zu spüren, dass dieser Lauf ein entspannter wird, dass ich die schöne Stimmung annehmen kann, dass mir einfach alles nur guttut. Wie wunderbar.

Die Marathonweiche ist im Ort, dort wo es früher mal Bier für den letzten Kilometer gab, der Beifall für die Rechtsabbieger ist grandios. Sehr zu meiner Freude geht es jetzt erstmal richtig ordentlich im Wald bergab. Es ist nämlich mitnichten so, dass die Lichtenwälder uns eine Doppelrunde zumuten; vielmehr lernen wir jetzt erstmal die Gegend der Ahnen kennen. Hier pflegte mein Großvater selig dazumal engagiert zu wildern, erzählt mein Papa.

Mir rollt’s. Zwar bin ich nicht schnell, aber immerhin habe ich endlich zum ersten mal seit langer Zeit das Gefühl, dass ich hinter Halbzeit immer noch LAUFE und nicht nur in miserabler Optik einem unglaublich fernen Ende entgegenschlurfe. Schrecklich ist nur, wie LANGE es hier bergab geht. Merke: das Ziel ist OBEN. An der nächsten VP gibt es Chips und Axel verliert wertvolle Minuten, weil er da hängen bleibt. Ich treffe Maria, was uns beiden gefällt. Irgendwann sind wir in Reichenbach und laufen sogar einige Meter auf der Strecke des Citylaufs.  Trotzdem ist das fies, denn selbst mit dem Auto liegen zwischen Reichenbach und Lichtenwald ein paar fürchterlich lange und ziemlich steile Kilometer. Es wird ein Alptraum. Die Sonne knallt herunter, aber ich bin so glücklich, dass ich immer noch einfach alles toll finde. Du müsstest auch ein ausgemachter Trottel sein um hier zu meckern, links ein idyllisches Bächlein, rechts die blühenden Wiesen, viel Abwechslung und überall tolle Streckenposten, denen es richtig Spaß zu machen scheint.

Auf den Greppi warten, wollte ich doch. Naja. Noch nicht, vielleicht später. Der wird sich einfach freuen, wenn er mich nicht schon wieder mitschleifen muss, das weiß ich. Es sind auch noch genügend andere Läufer in Sicht, so dass ich mich nicht unbehaglich fühle. Für das Teilstück hinter Reichenbach ist die Straße gesperrt und es geht schattenfrei sehr steil bergauf – die 25 Grad sind wir noch nicht so gewöhnt, aber es ist toll. Bald geht es wieder in den Wald und hier geht es wellig weiter, das meiste ist gut laufbar. Mir geht’s Bombe und irgendwann merke ich, dass kein Einbruch mehr kommen wird. Das Gefühl für die Marathondistanz als altem Freund stellt sich wieder ein, Kandel und Freiburg waren ja doch eher Katastrophen.

Anstrengend ist es trotzdem. Aus dem Wald hinaus geht es mit teils grandioser Weitsicht über schöne Wiesen mit blühenden Bäumen, alles ist so authentisch, so friedlich und ländlich, einfach toll. Es ist Erholung pur, und ich genieße jeden Kilometer. Das hier ist ein Lauf für die Seele, und für mich kommt heute einfach alles genau zum richtigen Zeitpunkt. Es ist ein Geschenk, und ich muss denken, dass sich das Durchhalten doch einfach lohnt, wenn dann ab und zu ein solcher Tag dazwischen liegt. Es fühlt sich an, als würde ich von ganz tief auftauchen, und ich nehme mit, soviel ich kann… breathe in – breathe out.

Ok, Sentimentalitätsmodus jetzt aber wieder OFF, das ist mir schon fast ein wenig peinlich. Durch eine VP am Bauernhof bei km 33 bei irre netten Mädels geht es weiter zum nächsten kleinen Ort und ich wundere mich immer mehr, was hier so alles am Streckenrand los ist, und wie positiv und teils begeistert die Anwohner den Lauf aufnehmen. Jeder hat ein nettes Wort. Die Gegend hier ist wahnsinnig schön. Interessant ist, dass ich von hier aus sogar schon den bunten Turm von Lichtenwald sehen kann, dort ist ungefähr das Ziel. Haben wir tatsächlich fast die ganze Höhe schon gemacht? Ich riskiere mal einen Blick auf die Uhr und stelle fest, dass die angepeilten sub 5:30 Zielzeit nicht in Gefahr sind. Mit ohne Getrödel könnte das sogar noch was um die 5 werden. Ist mir aber juck.

Schon ist die nächste VP am Ortsausgang nach einem etwas stressigen Ortsdurchlauf erreicht, hier gibt es nette Unterhaltung und Schokolade, auch Sprudel mit Kohlensäure. Im Nachhinein bin ich fast sicher, dass dies sogar eine wilde VP war, denn die nächste kommt kurz drauf. Das km-37-Schild habe ich übersehen, wir sind tatsächlich schon bei 38? Kurz vor mir taucht der Andy wieder auf, bietet der sich jetzt etwa als schwächelndes Opfer an? KLaus rollt das Feld von hinten auf und nachdem ich sein Tempo einen Kilometer mitgelaufen bin, muss ich wieder abreißen lassen. Den Andy krieg ich nimmer, der gibt auch nochmal Gas. Der Rest ist Kür, und für die 4:54 muss ich mich auch nicht mehr ins Koma laufen. Der Greppi kommt auch bald und hat mich nicht vermisst 🙂 Und dann hängen wir alle noch ganz ganz lang im Ziel herum. Nächstes Jahr am 15. April? den Termin müsst Ihr unbedingt nochmal verlegen, da ist Weinstraßenmarathon 😦

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Eine Antwort zu Schurwald Marathon Lichtenwald – 9.4.2017

  1. Sigrid schreibt:

    Hallo Kati,
    schön, daß es bei dir wieder so gut läuft, die Durststrecke ist vorbei. Wenn ich nicht gerade anderweitig trainieren würde, hätte ich mich wahrscheinlich auch auf den Weg gemacht. Aber mich schrecken diese Serpentinen-Höhenmeter von Reichenbach hinauf nach Lichtenwald, das ist ja immer schon mit dem Auto fast hochalpin 😉
    Eine Frage: darf ich deinen Bericht ins Berlin Marathonforum verlinken? Von dort waren schon viele Foris in Lichtenwald, vor einigen Jahen gab es jedesmal eine ganze Mannschaft aus Berlin. Ich habe, glaube ich, auch schon das 10-jährige.
    Gruß Sigrid

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