Bienwald Marathon Kandel – 11.3.2012

www.bienwald-marathon.de

Laufgeflüster: ich hätt da noch was zu erledigen aus 2011. Mal sehen, was die Götter diesmal für mich bereit halten 😉

Kandel die Zweite: Ein wenig graust es mir, vor allem wenn ich an letztes Jahr denke. Aber beim Laufen gibt es kein Gesetz der Serie, und nix ist berechenbar, das werte ich heute als Vorteil. Egal was diesmal passiert und wie die Tagesform ist, ich möchte die maximal mögliche Zeit laufen und nicht unterwegs in den PEACE mode umschalten falls es nicht so läuft. Auf der eintönigen Strecke bietet sich das als gutes Mentaltraining an. Gute Vorsätze sind immer gut, sie durchzuhalten ist ne andere Sache.

(Foto: Eberhard)

Hannes und ich dürfen bei Eberhard im Bus mitfahren, zusammen mit Grace und Angelika. Sehr komfortabel, reinsitzen und weiterschlafen. Für die drei anderen ist Marathon Kurzstrecke. In Kandel hat sich einiges getan, so dass sich die Infrastruktur mittlerweile auf 4 Gebäude verteilt. Trotzdem sind die Wege kurz. Gleich an der Tür treffe ich Marlies und Marlies-Klaus (es sind viele Klause unterwegs heute, bin ganz verwirrt), in der Halle ist noch nicht viel los, aber das wird sich gleich ändern. Herr Neumann (Klaus) fragt mich, was ich gefrühstückt habe. Ein Käsebrötchen wenn’s recht ist. Nach einer Weile hat es auch der Herr Schauläufer (Klaus) in die Halle geschafft, was immerhin keine Selbstverständlichkeit ist. Von weitem sehe ich Jochen, Armin, 2 Michaels, Heidemarie, Joe, Jörg und viele bekannte Gesichter. Kandel ist halt so ein Treffpunkt 🙂

Wir schleifen unser Gepäck zur Aufbewahrung, dort treffen wir Gerhard und Manu mit Roland. Schnell geht die Zeit vorbei, ich will noch kurz ein paar Meter einlaufen, Hannes will nicht und schwupps haben wir uns auch schon verloren, das ist 5 Minuten vor dem Start aber auch kein größeres Problem. Der Schauläufer wartet schon vorbildlich im Startblock an der richtigen Position, durchaus lernfähig, bin beruhigt, noch ein bisschen BlaBla vom Landesvater Kurt Beck und schon peng.

Die ersten 10 km folge ich relativ unspektakulär mit etwas Abstand dem riesen Pulk um den 3:30-Mann. Er läuft eher Richtung 3:35 und somit eine Geschwindigkeit, die mir entgegen kommt. Natürlich ist der Gedanke verlockend, da jetzt einfach dranzubleiben, wilde-wüste Siegesfantasien manifestieren sich vor dem geistigen Auge, so bringt man die Zeit ganz hervorraged herum. Bei km 5 vor der ersten Wasserstation sitzt die Wildkatze (haben die etwa meinen Bericht vom letzten Jahr gelesen?), 10-km-Durchlauf problemlos mit 49:50, das ist eine Zeit, die ich beim 10er nur an guten Tagen hinbekomme. Warum eigentlich? Jetzt hat der Kerl auf die Uhr geschaut und gemerkt, dass er Gas geben muss. Weg ist der Ballon. Auch recht.

Ich bin im Trott und kann den 5er-Schnitt gut halten, allerdings kostet es zuviel Kraft. Der Halbmarathon biegt ab und es wird leerer. Kurz davor ist mir Regina winkend und lockeren Schritts entgegen gekommen, sie kommt bei ihrem Regenerationslauf (oder so) mit 1:34 rein. Bei km 14 stehen zwei kleine Mädchen mitten auf der Piste, wollen abgeklatscht werden und rufen mir fröhlich zu, dass ich die 14. Frau im Rennen bin. Kurz darauf hinter mir emsiges Geschnatter, da machen welche wohl einen Spaßlauf. Es sind Marlies und Klaus, sowas von entspannt. Und tschüss 🙂 Marlies kommt mit 3:31 ins Ziel. Da kannst nix machen.

Die Spitze kommt entgegen, wir sind jetzt auf der ersten Begegnungsstrecke, die bis zur HM-Marke gehen wird. Der Schauläufer staunt, dass ich nicht so weit hinter ihm bin. Kurz darauf werde ich vom Mauki überrollt, der hat noch Saft. Ich muss mich dagegen schon richtig stark anstrengen um die Geschwindigkeit zu halten. Es geht, aber es ist nicht locker, das wird nicht reichen hintenraus. So ein Marathon ist immer noch eine verdammt harte Angelegenheit, man vergisst es ja nur allzu gerne. Hannes ist auch nicht weit hinter mir, dann kommen sie alle. Vielen sehe ich an, dass sie mich noch einholen werden. Eberhard macht ein Foto:  Conny läuft, als sei sie gestern nicht den Braveheart gelaufen, aber Joe eiert etwas. Gerhard ruft was Aufmunterndes und Herr Neumann lobt das Käsebrötchen.

Über den HM komme ich mit 1:47,27 ganze 10 Sekunden schneller als bei meinem Rekordlauf in Ulm, das ist phänomenal. Allerdings bin ich schon richtig angestrengt, während ich in Ulm noch topfit war. Es ist kein Fliegen-Tag heute, und ich fühle mich nicht ausreichend ausgeruht. Eine Bestzeit ist heut auf keinen Fall drin, aber das war auch nicht der Plan. Sicher unter 4 und nach Möglichkeit unter 3:50, DAS ist der Plan. Und es sieht gut aus. Nach ziemlich sicher unter 3:50, vielleicht auch 3:47.

Bald kommt wieder die Spitze entgegen, da hat sich eine Veränderung ergeben, aber so genau kriege ich es nicht mit. Knapp dahinter ein kleiner Pulk Verfolger, dort ist Michael Sommer auf Angriff gebürstet, man kann es sehen. Er gewinnt den Lauf, nachdem er letzte Woche auch Weinsberg gewonnen hat. Nicole ist auch ganz weit vorne, aber leider hat sich ihr Abstand zum 3:00-Mann schon etwas vergrößert.

(Bild: Jochen)

Der Schauläufer hat jetzt richtig Abstand zwischen uns gebracht und ist absolut in seinem Element. Er sieht noch total frisch aus und winkt und ruft, während ich nur noch die Hand hebe und eine knappe Antwort gebe. Immer wieder sagen die Helfer die Zwischenzeiten an. Durch km 25 komme ich noch mit 2:09, bin ich sowas Ähnliches nicht letztens in Bellheim gelaufen? Die Beine werden schwerer, jetzt kann ich das Tempo nicht mehr halten. Das war abzusehen. Die Muskulatur brennt, und meine Füßlein leiden auf dem Asphalt still vor sich hin. Die vielen Bäume machen mich ganz kirre. Wir sind im Wald, und trotzdem auf einem Straßenlauf. Ich schau nicht mehr auf die Uhr, zu entmutigend, aber ich laufe was geht. Mentaltraining und maximale Leistung und so, das zieh ich jetzt durch. Der Abstand zu Hannes hat sich vergrößert, aber dafür sieht er noch super locker aus. Jörg hupt vom Fahrrad, Eberhard macht ein Foto, ich lache nicht mehr. Rechts sitzt ein Läufer zirka 30 Meter im Wald drinnen auf einem Baumstumpf und ist mit seinem Socken beschäftigt. Was macht der da?

Naja. Bei km 31 ist die Begegnungsstrecke zuende und ich laufe wieder über die Halbmarathon-Matte. Bei km 32 habe ich 2:48 auf der Uhr. Ich bin schon langsamer als 5:30, aber noch gut schneller als 6:00, also könnte es auf 3:48 gut rauslaufen. Prima. Ich beiße. Doch dann kommt die Hölle von Kandel.

Ich hab’s vergessen gehabt aus dem letzten Jahr. Kilometerlanger Asphalt, kerzengerade nach vorne, minimalst ansteigend. Plötzlich ist da auch noch Wind, natürlich von vorn, woher auch sonst. Jedesmal wenn der Fluchtpunkt am Horizont erreicht ist, ist es nach vorne wieder genauso weit. Mir kommt „We’re on a Road to Nowhere“ in den Sinn, aber ich krieg den Text nicht zusammen. Diese scheiß Straße nimmt kein Ende. Ich laufe was ich kann, aber es ist nicht mehr viel. Erwähnte ich eigentlich schon, dass wir das perfekte Laufwetter und überhaupt grandiose Bedingungen haben?

Meinen PowerBar trag ich immer noch mit mir herum, habe vergessen, dass ich ihn beim HM essen muss. Es muss sein, denn in Kandel gibt es laut Ausschreibung nur ISO und kein Cola. Ich bin aber schon so kaputt, dass ich die zusätzliche Willensanstrengung nicht aufbringen kann, funktioniere nur noch eindimensional. „ISO, Tee, Wasser, Cola“ ruft es von der nächsten VP. Cola? ja bitte !!! gottseidank. Aber die Straße ist noch nicht zuende. Immer neue Fluchten tun sich auf, es ist Folter pur. Das muss ich übers Jahr verdrängt haben.

Irgendwann ist es geschafft, ein Auto steht quer auf der Straße, bei km 37 geht es in den Wald und von da ab im Zickzack weiter. Ich erkenne einzelne Streckenabschnitte. Der Wind hat zugenommen. Wir nähern uns Kandel. Die 5 Windräder im Gewerbepark laufen auf Hochtouren, ich sehe – na klar – ihre Rückseite. Ich gebe alles, aber es bringt nicht viel. Die Zeit zerrinnt. Das wird knapp. Ich will unter die 3:50, aber ich hab keine Reserven mehr. Bei km 40 überholen mich noch 2 locker schnackende Mädels, das gibt mir den Rest. Sie fragen, ob ich auch W50 laufe, selber sehen sie aus wie W35. Der letzte Kilometer nimmt kein Ende. Da, endlich das Stadion. Erst außen dran vorbei, da steht Mauki im Müllsack mit dem Erdinger, der Schauläufer ist wahrscheinlich schon geduscht, dann innen noch fast eine ganze Runde. Wie lange brauche ich für 300 Meter? Die Uhr zeigt schon 3:49. Ich laufe die schnellsten 200 Meter meines Lebens und stoppe bei 3:49,57 ab. mission accomplished, die Rechnung aus 2011 ist beglichen 😉

(Bild: Jochen)

Statistik: Platz 9/22 W45, Platz 33/79 Frauen (494 Männer)

Dieser Beitrag wurde unter run veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

9 Antworten zu Bienwald Marathon Kandel – 11.3.2012

  1. Dani Franke schreibt:

    Manoman, Kati! Wenn man das liest, sit man mit dabei! Ich hab gestern also nicht umsonst an Dich gedacht. Gratulation von Deiner Dani 🙂

  2. Philipp schreibt:

    Meeensch – so genau möchte ich meine Zeiten auch mal vorhersagen können! Glückwunsch.

    Gruß

    Philipp

  3. Joachim schreibt:

    Hi Kati,
    Gratulation! Starke Leistung und starker Bericht! 🙂 Lange nichts gehört – bin zufällig bei der Kandel-Nachlese (war auf dem Halben unterwegs) darauf gestoßen.
    Gute Regeneration,
    Joachim

  4. chiamh schreibt:

    Hm ich glaube das ist der Grund warum ich mich nocht nicht an einen Marathon getraut habe: Er ist mir einfach zu lange 🙂
    da ich nur einen entspannten HM-Trainingslauf nach meiner Verletzung draus gemacht habe, liest sich das bei mir ein wenig entspannter 🙂
    Aber tolle Leistung: So schnell werd ich niemals sein

    Run Happy!

Hinterlasse einen Kommentar